Es ist schon ein bemerkenswertes Gebäude, das da an einem Unort entstanden ist. Fünf Monate haben ArchitekturstudentInnen und freiwillige HelferInnen angepackt, um ein gesellschaftspolitisch, sozial wie architektonisch bemerkenswertes Experiment Wirklichkeit werden zu lassen.
Ein kleines, großes Wunder in Zeiten zunehmender sozialer Gefälle und Härte. Das kleine, große Wunder heißt bilding – und steht nun zwischen dem städtischen Hallenbad Amraser Straße und dem Rapoldipark im Stadtteil Pradl in Innsbruck.
Ich wohne hier und verfolge mit Interesse die Veränderungen im Viertel. Fünf Monate beobachtete ich also, wie da gezimmert und gehämmert, geschwitzt und gegrübelt wurde.
Vorausgegangen war dem Ganzen ein langer Entwicklungsprozess. Monika Abendstein, Architektin und Architekturvermittlerin, hatte im aut. architektur und tirol ein Kinder- und Jugendprogramm entwickelt, dazu die KUNSCHTschule initiiert und beide in der Initiative bilding Kunst- und Architekturschule zusammengeführt. Die Nachfrage war groß, die räumlichen Ressourcen begrenzt. Was lag näher, als auf architektonischem Wege eine Lösung zu finden?
Die Stadt Innsbruck erklärte sich bereit, ein Grundstück für das Projekt zur Verfügung zu stellen. Der erst gewählte Standort, der Waltherpark, schien ihr nicht geeignet. Schließlich kamen die Initiatoren auf den Rapoldipark, wo bilding schon mehrere Jahre eine Sommerakademie angeboten hatte.
Der Rapoldipark ist nicht nur das grüne Herz der Stadt, er ist auch eine Schnittstelle – genutzt von unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten, von Alt und Jung, beliebt bei sozialen Randgruppen. Dass sich die Initiatoren dazu durchgerungen haben, nicht stark öffentlich genutzten Raum zu “okkupieren“, sondern einen Unort abseits der Grünflächen zu nutzen, erwies sich als gute und richtige Entscheidung – nicht nur in Anbetracht des Ergebnisses.
Der Unort war ein desolater Skatepark zwischen Hallenbad und Park und in etwa so einladend wie die Aussicht auf eine Tracht Prügel.
ArchitekturstudentInnen der Uni Innsbruck befassten sich im Rahmen ihrer Bachelorarbeit und betreut von Verena Rauch, Walter Psenner sowie Wolfgang Pöschl mit der Örtlichkeit, den Anforderungen und suchten architektonische Lösungen. Eine Jury bewertete ihre Entwürfe, als Sieger ging Niklas Nalbach hervor. Das Gebäude wurde im Kollektiv weiterentwickelt und umgesetzt.
Mit zwei Grundmaterialien – Glas und Holz – errichteten die StudentInnen und HelferInnen auf einem Betonsockel eine begehbare Skulptur ohne Schnickschnack, einfach und raffiniert zugleich in der Raumgliederung, die Offenheit ausstrahlt und trotzdem Nischen schafft, in denen gewerkt und sinniert werden kann.
Mit schiefen Böden und Wänden, die den Raum intensiv erfahren lassen, ohne die Nutzungsqualität auch in nur einem Bereich einzuschränken. Toll der „nahtlose“ Übergang von außen nach innen und umgekehrt – die raumhohen Fenster, die Terrassen. Mit einem Schritt ist man draußen, mit einem drinnen. Die niederschwellig angelegte Kunst- und Architekturschule erhält eine perfekte architektonische Entsprechung. Alles ist so ein- und angerichtet, dass man sofort zugreifen und einfach machen möchte.
Das bilding im Rapoldipark bietet nun 4- bis 19-Jährigen die Möglichkeit, sich kreativ zu betätigen; es gibt Angebote in den Bereichen Malerei, Bildhauerei, Architektur/Design sowie Film/Neue Medien – und sie sind kostenlos.* Die Stadt hat den Platz für fünf Jahre zur Verfügung gestellt, weitere zwei sind optional.
Ob das Gebäude einen Wert von 450.000 Euro hat, wie Arno Ritter vom aut anlässlich des Vor-Ort-Gespräches am 23. Oktober betonte, sei dahingestellt. Sein eigentlicher Wert ergibt sich so oder so aus der schlichten, wie ergreifenden Tatsache, dass Unternehmen bereit waren, Material von beachtlichem Wert zur Verfügung zu stellen, und ArchitekturstudentInnen nicht nur unentgeltlich zu planen, sondern auch Hand anzulegen.
Gebaut haben sie für die Ehre, die Erfahrung und mit einer ordentlichen Portion Idealismus. Dabei haben sie viel für sich mitgenommen und viel von sich gegeben. Und das wunderbar – wie unbezahlbar!
* Programm unter www.bilding.at
Alle Fotos: Susanne Gurschler; iphone.