Weil ich noch beim Lesen meines August-Buchtipps* bin, greife ich zu einem Buch, das ich immer wieder in die Hand nehme. Zum einen weil es beweist, dass auch schmale Bücher großen Eindruck machen können. Zum anderen ist es eines jener Bücher, die nur deshalb in meinem Kopf, in meinem Bücherherzen und in meinem Regal sind, weil ich auf die Buchhandlung meines Vertrauens setze und nicht online bestelle.
Ich liebe es zu stöbern, Cover anzuschauen, ein Buch in Händen zu halten, über die Hülle zu streichen, zu blättern. Ich liebe es, wenn mein Blick über den Büchertisch streift, plötzlich hängen bleibt und meine Hand schon zugreift.
Mein September-Buch ist so eines. Das Cover ist mich förmlich angesprungen: diese knallrote Seilbahn auf lindgrünem, leicht neonfarben glänzendem Grund. 1970er Jahre? Kindheitserinnerung? Egal. Es hat sich in den Vordergrund gespielt, erfolgreich.
Véronique Bizet: “Eine Zukunft”, Verlag Steidl.
Die Autorin kannte ich nicht, den Verlag schon. Steidl ist ein kleiner, aber wirklich sehr feiner Literaturverlag. Immer wieder Perlen zu entdecken. Ich nahm also Buch, las den Klappentext, begann mit der ersten Seite und – Sie ahnen es schon – das Buch war meines, noch bevor ich auf der zweiten Seite angekommen war.
Paul erhält einen Brief von seinem Bruder. Er schreibt ihm, dass er für einige Zeit verreise, weil er am Ende sei. Er wisse nicht wann und ob er überhaupt zurückkomme. Er bittet Paul, in ihrem Elternhaus zu kontrollieren, ob er einen Wasserhahn im zweiten Stock tatsächlich abgelassen habe, weil sonst ein Rohrbruch drohe.
Paul kommt der Bitte seines Zwillingsbruders nach, fährt die 300 Kilometer in die französische Provinz, an den Ort seiner Kindheit. Der Aufenthalt im Elternhaus wird zu einer Reise in die Vergangenheit, in die Geschichte seiner Familie, in seine eigene. Und er beginnt zu verstehen, warum Odd von hier geflüchtet ist. Warum er flüchten musste.
Mehr verrate ich hier nicht. Das ist etwas gemein, ich weiß. Aber ich habe einen Vorschlag: Ab in die Buchhandlung Ihres Vertrauens, das Buch kaufen und lesen. Denn: „Eine Zukunft“ ist ein ganz großer kleiner Roman.
“Schließlich beschloss ich, das Wasser im Haus doch wieder anzustellen, ich drehte nacheinander alle Hähne zu und wollte dann in der Waschküche den Haupthahn betätigen, der festsaß und sich nicht drehen ließ, ich sah auf dem Boden den Engländer liegen, den mein Bruder benutzt haben musste, um den Hahn vor der Abreise zuzudrehen, ich versuchte es damit, vorsichtig und erfolglos.”
Véronique Bizot: Eine Zukunft. Steidl, S. 57.
*Dieser Beitrag erscheint im Rahmen der BuchBlogParade “12 Bücher in 12 Monaten”, zu der die Journalistin und Autorin Eva Maria Nielsen aufgerufen hat. Ein Mal pro Monat – und zwar immer am 12. (Ich weiß, ich weiß: Wieder einmal spät dran!) – präsentieren die TeilnehmerInnen ihr persönliches Buch des Monats. Wer sonst noch an der Blogparade teilnimmt, ist hier zu finden.