Im November 2012 hatte ich Gelegenheit im Rahmen der Jahrestagung des Geisteswissenschaftlichen Zentrums Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas an der Universität Leipzig einen Vortrag zu halten. Tagungsthema war Geschichte im Rundblick – Gestaltungsformen und Funktionen von Panoramabildern im östlichen Europa. (Tagungsbericht hier; noch heuer soll eine Publikation zur Tagung veröffentlicht werden, dazu mehr, wenn es soweit ist.)
Im Rahmen der Tagung besuchten wir auch das 360° Panorama Amazonien im Panometer. Der Architekt und Künstler Yadegar Asisi (übrigens ein gebürtige Wiener) hatte es als Hommage an den Naturforscher Alexander von Humboldt geschaffen. Auf einer sechs Meter hohen Aussichtsplattform stehend, konnten wir eintauchen in die faszinierende Tier- und Pflanzenwelt des brasilianischen Regenwaldes. Asisi hatte ihn mit einem speziellen Verfahren im 1:1 Maßstab auf Stoffbahnen gebannt. Mir persönlich waren die starken Licht- und Schatteneffekte, die durch eine ausgeklügelte Beleuchtungschoreografie erzeugt wurden, zwar zuviel – zumal sie auch noch mit einer kräftigen Geräuschkulisse aus Vogelgezwitscher, Affengeschrei, Gewittergrollen etc. unterlegt waren–, insgesamt aber war ich doch beeindruckt von der Wucht dieses monumentalen Bildes. Der Panoramenspezialist Stephan Oettermann, kündigte damals an, anlässlich des 200-Jahr-Jubiläums der Völkerschlacht bei Leipzig würde ein neues faszinierendes Panorama zu sehen sein.
Vor wenigen Tagen nun wurde das 360° Panorama Leipzig 1813 eröffnet. Es zeigt Leipzig nach dem Ende der Völkerschlacht. Im Mittelpunkt steht also nicht die Schlacht, sondern stehen ihre Auswirkungen auf die Bürger der sächsischen Stadt. Wieder im Maßstab 1:1 wird auf insgesamt 3.500 Quadratmeter das Leipzig des Jahres 1813 gezeigt. Der Betrachter steht auf dem Dach der Thomaskirche: rundum eine Stadt im Chaos. Mit seiner Idee, die Form Panorama, die im 19. Jahrhundert ihre Blüte erlebte, mit Hilfe neuester Technik in einer zeitgemäßen Art zu präsentieren, trifft Asisi offensichtlich einen Nerv. Seine Panometer in Leizig, Dresden und Berlin sind Besuchermagneten. Demnächst soll eines in Frankreich entstehen. Und ich werde wohl in nicht allzu ferner Zukunft eine Reise nach Leipzig ins Auge fassen, um ins Leipzig des Jahres 1813 einzutauchen.